mit großem Bedauern teile ich Ihnen mit, dass mein Verstand gestern nachmittag um 3 Uhr zum Stillstand gekommen ist, ohne sich seither rühren zu wollen. Wenn Sie diese Nachricht in Händen halten, werde ich vermutlich zur Schnecke geworden sein. Dieses unvorhergesehene Geschick entreißt ein geistiges und moralisches Wesen rücksichtslos seinem Wirkkreis. Doch wollen wir nicht verzweifeln - "Gott kommt zu uns auf dunkler Bahn und lässt uns viel geschehen, er braust im Sturmeswehn heran und schreitet durch die See" - und sollte ich, seinem Willen gemäß, zum Bären werden und meine Mitmenschen fressen, so wird es zum Besten dieser verderbten und verdammten Welt sein. Wollte der Herr der luftigen Sphären aufhören, mit Schneebällen zu werfen, werden wir uns vielleicht wiedersehen, sonst nicht sehr wahrscheinlich."
Emily Dickinson an Susan Gilbert, Dezember 1952
Dickinson hat zeitlebens nur 7 Gedichte veröffentlicht. Viele sind in diesen Briefen enthalten, sie lesen sich also als ihr
Werk.
Diesen Schwachsinn in dem Kommentar (von Thomas L. Johnson?) über Vater und Tochter Dickinson gefunden:
"Edward Dickinson (und folglich seine Tochter) war konservativer Whig, aber ein Gegner der Sklaverei."
Aber wunderbar dieses: Iris Radisch ("Und plötzlich bin ich erleuchtet") spricht von dem spröden und unversöhnlichen Gestus der Lyrik:
"Die Welt ist neu und leer, allenfalls von Tieren und Pflanzen besiedelt. Das leere weite Land, als das Amerika den ersten Siedlern erschienen ist, und die Verlorenheit der Eindringlinge in diesen Versen."
... wunderbar also das: Emily Dickinson hat einen ihrer letzten Briefe nur noch mit
Amerika unterschrieben.
Was ich lese?
>>>Wilde Nächte.